
Teil 3:
Ein. Starker. Auftritt
Der erste Schnee war frisch und klar und weckte in Julia schöne Erinnerungen. Obwohl es schon das Wochenende vom dritten Advent war, bastelte sie sich noch einen Adventsgesteck, aber trotzdem mit vier Kerzen. Sie stieg in den Keller und suchte nach ihrer Kiste mit Weihnachtsdeko. Sie buk Plätzchen und hörte Michael Bublé. In der Wohnung duftete es nach Tannengrün und Mandarinen. Das schien die Einsamkeit milde zu stimmen. Oder zumindest abzulenken. Auf jeden Fall war sie unaufmerksam, als Julias Mutter anrief und fragte, ob Julia an Weihnachten nicht doch nach Hause kommen wolle. Und Julia, die vorher immer verneint hatte, aus Angst, dass die Einsamkeit mit ihr verreisen wollte, sagte ja. Als sie auflegte, hatte sie die die Befürchtung, dass die Einsamkeit gelauscht hatte. Aber die knabberte Kekse und sang lauthals „White Christmas“ mit. Also behielt Julia ihren Plan für sich, buchte ein Zugticket und freute sich.
Am nächsten Morgen fürchtete Julia sich ein wenig vor ihrer eigenen Courage. An Weihnachten würde sie auch ihre Geschwister sehen. Vielleicht auch noch ein paar mehr Leute aus der Familie, je nachdem wie streng der Lockdown dann noch sein würde. Was sollte sie denen erzählen, was sie die letzten Wochen gemacht hatte? Von ihrer seltsamen Mitbewohnerin wollte sie lieber nichts sagen. Also fing sie an zu googlen: „starker Auftritt Familie Weihnachten“.