
Teil 4:
Freude. Über. Freude.
Der Morgen graute und Julia schloss die Tür ganz fest hinter sich ab. Die Einsamkeit schlief noch, als Julia sich auf den Weg zu ihrer Familie machte. Die Zugfahrt war ruhig und gar nicht so schlimm unter der Maske. Julia sah gut aus. Sie hatte sich neue Kleidung gekauft und vor allem schöne Geschenke und gute Geschichten im Gepäck. Alles für den festen Auftritt an den Weihnachtstagen hatte sie penibel einstudiert. Niemand würde merken, wie es ihr in den letzten Wochen ergangen war. Der Zug hielt an, Julia stieg aus. Selbstbewusst. Aber nur für ein paar Schritte. Dann sah sie ihre Eltern am Gleis stehen – und plötzlich war da ein Kloß in ihrem Hals. Als sie sie umarmten, brach alles aus ihr heraus. Sie weinte und weinte und weinte. Auch zu Hause weinte sie noch. Vielleicht weinte sie drei Tage, vielleicht auch nur einen. Sie kann es nicht mehr sagen. Als sie alle Tränen geweint hatte, fühlte sich Julia seltsamerweise nicht leer. Nur anders.
Die ganze Zeit dachte sie, dass die Einsamkeit sich doch irgendwo versteckt haben musste. Aber sie konnte sie nicht finden. Da hörte sie ein leises Klopfen an ihrer Zimmertür. Julia rief mutig: „Herein!“ Die Klinke wurde langsam nach unten gedrückt und blonde Locken und strahlende Kinderaugen kamen zum Vorschein. Julias Neffe stand in ihrem Zimmer, schaute sie an und fragte: „Freust du dich schon?“